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Stille? Was ist das?

Ein Text von Annalisa

10. Juni 2023

Autobrummen, Kinderlärm, Türenschlagen, Kirchturmläuten, noch den letzten – oder war es den vorletzten? – Anruf tätigen. 20 Nachrichten in der WhatsApp-Gruppe zum kommenden Wochenendausflug, 10 Nachrichten in der Familien-Gruppe und was ist das? Vor der Geräuschkulisse einer lauter werdenden Krankenwagensirene, zwei an mir zerrenden Kindern, die meinen Namen rufen und einer Kollegin, die doch noch gleich wissen wollte, wo die Tupperdose meines Chefs hin geräumt werden soll, taucht vor meinen Augen eine Nachricht meiner Freundin Julia auf: Morgen stilles Wochenende, bist du bereit?

Stille? Was ist das?

Eineinhalb Tage, x-verschiedene Fahrplanänderungen und entsprechende Nachrichtenberge später soll sie einkehren, die verheißene Stille. Ein Wochenende Schweigen und das in Gemeinschaft. Ich hatte mich schon sehr auf dieses Wochenende gefreut, es schwang jedoch auch ein bisschen Respekt mit. Wie wird es wohl werden?  Schaffe ich es ein Wochenende lang nicht zu sprechen? Vom 21. bis 23. April ging es dafür ins wunderschöne Kloster Nütschau. Nach einem gemeinsamen Start beim Abendessen mit unserer kleinen achtköpfigen Gruppe, bezog ich mein einfaches, aber sehr gemütliches Zimmer, an dem sogar ein kleiner Balkon angeschlossen war. Zum Einstieg in die Stille erstmal: Handy aus!

Wir tauschten uns in einem ersten und letzten Gespräch in der Gruppe, mithilfe von Postkarten, über unsere Erwartungen, Vorstellungen und Wünsche aus. Ich entschied mich für die Karte mit der Person auf der Rolltreppe. Diese symbolisierte für mich meine aktuelle Situation: das Wochenende als ein Stillstand in meinem hektischen Alltag, eine Art Pausentaste. Die Zeit verging an diesem Wochenende wie im Flug. Julia und Anna, die diese Tage organisierten, hatten inspirierende Impulse und Tipps für die Stille vorbereitet. „Du bist ein Gott der mich sieht“ – mit diesem Vers der Jahreslosung starteten wir am Samstag in den Vormittag. Es war eine horizonterweiternde Erfahrung: zur Ruhe kommen, auf Gott hören, die erste warme Sonne des Jahres auf der Haut genießen, in der Natur sein und sogar am Klosterleben teilhaben. Auch das gemeinsame Essen, in der Stille, schweigend, war eine sehr besondere Erfahrung. Die Zeit verging viel schneller, als ich es erwartet hatte. Am Ende wurde mir bewusst, dass ich erst jetzt so richtig in der Stille angekommen war.  Zum Abschluss des Wochenendens kamen wir am Sonntagmittag noch einmal als Gruppe für eine Reflektion zusammen. Jede/r von uns hatte eine ganz eigene, wertvolle, besondere Zeit in der Stille, mit Gott. Und wir alle waren uns einig: Das wollen wir wieder. Stille als Unterbrechung des Alltags – eine Zeit der tiefen Freude, Leichtigkeit wie in einer Hängematte, Freiheit, Begegnung mit Gott, all das wonach sich unser Herz so sehnt. Stille kann schön sein, Stille kann herausfordern, Stille kann neues hervorbringen.

Du hast das stille Wochenende verpasst aber Lust auf eine ähnliche Raus-aus-dem-Alltag-Zeit bekommen? Auf www.stillefinden.org findest du viele Orte in ganz Deutschland, wo du zur Ruhe kommen kannst.

Fotos: privat

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