Zeit

Die Jagd nach der Ruhe

Ein Text von Daniel

23. September 2019

Ich mag keine Ruhe. Ich konnte bisher nicht viel mit Ausruhen, Stille, Ruhephasen anfangen. Das hat für mich immer einen kleinen Beigeschmack von Müßiggang, Faulheit, Tatenlosigkeit und Untätigkeit. Ich liebe es etwas zu tun, etwas zu schaffen. Ich mag es, erfolgreich ein Projekt abzuschließen und gleich das nächste zu sehen. Ich mag Stress. Er fordert mich und treibt mich regelmäßig zu Leistungen an. Ich gehe gern durch Wände und über Grenzen hinaus. Grenzen sind dazu da, überwunden zu werden! Ich liebe es schnell, effektiv, eifrig, beschäftigt und fleißig zu sein. Da stehen mir Ruhe und Rast im Weg.

Aber ich merke: Dieses Tempo und diesen Lebensstil halte ich so nicht mehr durch. Spätestens seit ich 40 bin, ist das Thema Ruhe unausweichlich. Nicht, weil ich sie mag, sondern weil ich sie brauche. Dabei spüre ich, dass ich nicht nur eine Pause von meiner Geschäftigkeit und von meiner Arbeit brauche. Ich will mehr. Man könnte fast sagen: Ich sehne mich nach einer tieferen Ruhe. Und frage mich: Was könnte so eine Ruhe sein?

Wenn ich mit meiner Arbeit so rundum zufrieden bin, dass ich sie aus der Hand legen und sagen kann: „So, das wäre geschafft. Ich bin richtig zufrieden“, dann werde ich ruhig. Wirklich? Warum arbeiten wir immer schneller, mehr und besser? Warum machen wir unsere Smartphones nicht aus? Was sind unsere, was sind meine persönlichen Prioritäten? Wem will ich gefallen und warum? Ich ahne: Es gibt eine Arbeit hinter der Arbeit, die wirkliche Müdigkeit bewirkt und von der wir wirkliche Ruhe brauchen.

„Es ist vollbracht“

Die Arbeit, die mich wirklich fertig und müde macht, die mich auslaugt und erschlaffen lässt, ist dieses Bedürfnis, mich selbst zu beweisen, mich selbst zu rechtfertigen. Das kostet mich viel, weil das, was ich bin und was ich schaffe, niemals reicht und niemals gut genug ist. Und diese Arbeit ist niemals zu Ende – es sei denn, wir ruhen im Evangelium. Am Ende der Schöpfung hat Gott gesagt: Es ist vollbracht. Und er konnte ruhen. Am Kreuz, am Ende der Erlösung, sagte Jesus: Es ist vollbracht – sodass wir ruhen können. Ruhe von der Jagd nach Selbstbestätigung und Selbstrechtfertigung – das ist sein Angebot. Ich wünsche mir – und uns allen – diese tiefere Ruhe!

Daniel ist Pastor im Hamburgprojekt.
(Foto: Pexels_Oleksandr Pidvalnyi)

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